Versteinerte-Landschaften

Versteinerte Landschaften und bewegte Bilder

Flüssiger Dolomit, steinharte Ströme – wenn man mit glühender Lava arbeiten könnte, Michael Becker würde vermutlich nicht zögern, auch damit zu experimentieren, so sehr ist es ihm ein Bedürfnis, alle geometrische Statik wieder in Bewegung zu versetzen. Ihm selbst schwebt immer das Bild eines ins Trudeln geratenen Würfels vor, dessen unendlicher Kipp-, Fall- und Rollbewegung er am Modell aus Papier minutiös und in Zeitlupe folgt, wann immer er die Glieder seiner Ketten in kalkulierten Rhythmen oder asymmetrischen Aufhängungen aneinanderfügt.

In Zeitlupe verfolgt: denn viele seiner quadratischen oder rechteckigen, sanft gebogenen oder ganz leicht verdrehten Kettenglieder geraten – nicht erst am Arm, am Hals ihrer Trägerin – in Bewegung. Sie sind es bereits durch kleine, minutiös kalkulierte, rhythmisierte Verschiebungen in der Anordnung, so als ob da etwas in Bewegung gerät, niemals ins Stocken kommt, sondern fließt. Statischer, repräsentativer Schmuck, Geschmücktsein ist das Letzte, was Becker möchte. Freilich auch nichts Wildes, kein ungezähmt überschäumendes Driften: Alle Bewegungen sind gefasst, bleiben im Rahmen der Gesetze von Gravitation und Geometrie. Becker und der Liebe zur Schönheit der Geometrie muss ein kleines Kapitel dieser Mini-Ästhetik gewidmet sein. Man sieht ihn förmlich als einen Alchimisten der angewandten Kunst, über seine Zeichnungen und Papiermodelle gebeugt, minutiös, nicht kleinlich, das ist etwas ganz anderes, messend, vermessend. Aber immer auf der Suche nach einem Idealzustand, einem Moment, von dem er – vielleicht – ja doch wünschen würde, er bliebe stehen.